Häufig gestellte Fragen (FAQ - frequently asked questions)

Ergänzende Anmerkung (03.11.2016): Die Grundlagenarbeit wurde mit Ende März 2016 abgeschlossen.
Der folgende Text stammt vom 06.10.2015 und somit aus der Zeit des laufenden Projektes.

  • Ist eine Anstellung als LehrerIn in Österreich trotz Behinderung möglich und erlaubt?
     
  • Kann ich der gesetzlichen Vorgabe der Aufsichtspflicht in den Pausen oder im Klassenraum aufgrund meiner Behinderung überhaupt nachkommen?
     
  • Bekomme ich nach abgeschlossener Ausbildung überhaupt die Chance, als LehrerIn an einer Schule zu arbeiten?
     
  • Ich habe gehört, dass an Schulen nur Lehrende mit Behinderungen arbeiten, die bei Berufsantritt noch keine Behinderung hatten.
     
  • Mit einer Behinderung hat man nur eine Chance in Sonderschulen zu unterrichten und wird nicht im "normalen Schulbetrieb" eingesetzt.

 

Antworten:

  • Der legistische Rahmen der PädagogInnenbildung NEU ist das Hochschulgesetz 2005 und das Universitätsgesetz 2002.
     
  • Bezüglich der Aufnahme an Pädagogischen Hochschulen gilt die Hochschulzulassungsverordnung (HZV).
     
  • Mit Anfang des Jahres 2015 hat sich die rechtliche Situation deutlich verbessert und Pädagogische Hochschulen können nun einfacher Aufnahmen durchführen: HZV: §5 

       (2) Die Feststellung der Eignung erfolgt nach dem Antrag auf Zulassung. 

       Bei Bedarf können spezielle Eignungsfeststellungen (§ 10) angewendet

       werden. Die Feststellung der Eignung kann auch in Form von Nachweisen (§

       11) erfolgen, die von der Aufnahmewerberin oder vom Aufnahmewerber

       vorgelegt werden. Die Pädagogischen Hochschulen können weiters bei Bedarf

       Eignungs- und Beratungsgespräche durchführen.

       (3) Es ist vom Nachweis jener Eignungskriterien Abstand zu nehmen, 

         die bei Erfüllung der wesentlichen Anforderungen für den angestrebten

         Beruf aufgrund einer anderen Erstsprache als Deutsch oder einer 

         Behinderung im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes,

         BGBl. I Nr. 82/2005, nicht erfüllt werden können. Bei Bedarf sind im

         Rahmen des Eignungsfeststellungsverfahrens geeignete

         Ausgleichsmaßnahmen (zB Assistenz,

         Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher)

         vorzusehen.

  • Während des Studiums gibt es bei Nichterfüllbarkeit von Anforderungen die Möglichkeit auf individuelle Curricula: HG 2005:

      § 9. (6) Im Besonderen sind über Abs. 1 bis 5 hinaus folgende leitende 

       Grundsätze zu beachten:

       14. die besondere Berücksichtigung der Erfordernisse von Menschen mit 

       Behinderungen im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, 

       BGBl. I Nr. 82/2005, […]

       §42 (1b) Für Studierende mit einer Behinderung im Sinne des § 3 des 

         Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 82/2005, sind

         die Anforderungen der Curricula – allenfalls unter Bedachtnahme auf

         gemäß § 63 Abs. 1 Z 7 beantragte abweichende Prüfungsmethoden – zu

         modifizieren (individuelles Curriculum), wobei das Ausbildungsziel des

         gewählten Studiums erreichbar sein muss.

         Bsp.: Wenn eine Person mit Körperbehinderung VolksschullehrerIn 

         werden möchte, allerdings die Anforderungen für den Turnunterricht 

         nicht gerecht werden kann, erhält die Person einen Bescheid während

         des Studiums, der dies belegt. Dieser Bescheid wird dem

         Lehramtszeugnis beigelegt.

 

  • Die Aufsichtspflicht ist im Schulunterrichtsgesetz (SchUG) unter § 51 geregelt. Vor allem ist hier Absatz 3 bekannt:

       (3) Der Lehrer hat nach der jeweiligen Diensteinteilung die Schüler in der

        Schule auch 15 Minuten vor Beginn des Unterrichtes, in den

        Unterrichtspausen - ausgenommen die zwischen dem Vormittags- und dem

        Nachmittagsunterricht liegende Zeit - und unmittelbar nach Beendigung des

        Unterrichtes beim Verlassen der Schule sowie bei allen Schulveranstaltungen

        und schulbezogenen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des

        Schulhauses zu beaufsichtigen, soweit dies nach dem Alter und der geistigen

        Reife der Schüler erforderlich ist. Hiebei hat er insbesondere auf die

        körperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und

        Gefahren nach Kräften abzuwehren. Dies gilt sinngemäß für den

        Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, wobei an die Stelle des

       Unterrichtes der Betreuungsteil tritt.  

         

Kommentar: 

Die Aufsichtspflicht sollte für Menschen mit Behinderungen heute kein Hinderungsgrund mehr am Weg zum LehrerInnenberuf sein, auch wenn das SchUG (noch?) nicht novelliert wurde. Bezüglich Aufsichtspflicht haben Lehrende mit Behinderungen die Möglichkeit auf Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, wobei die Verantwortung über die Kinder nicht der/die persönliche Assistentin, sondern der/die LehrerIn trägt. Wenn es zukünftig im Beruf um vermeintlich schwierige Situationen geht, finden sich auch hier Lösungen (z.B. muss bei Ausflügen ein/e zweite/r LehrerIn mitfahren).

Die Ausbildung ist rechtlich so angelegt, dass nach ihrer Absolvierung eine Aufnahme an einer Schule möglich sein soll. Wenn jemand fertig studiert hat und eine Anstellung anstrebt, richtet die Person das Bewerbungsschreiben, das Lehramtszeugnis sowie ggf. den dazu erhaltenen Bescheid an das Personalmanagement. Ein/e Landesschulrat/rätin kann a priori keine Einstellzusage oder nähere Angaben dahingehend machen. Allerdings haben nun alle ausgebildeten LehrerInnen (mit oder ohne Behinderungen) die gleichen Chancen und das gleiche Recht auf Berufsausübung.

 

Gesetzliche Grundlage: HG 2005, §46 (1a):

 

"(1a) Erfolgreich absolvierte Studien nach individuellen Curricula gemäß § 42 Abs. 1b sind im studienabschließenden Zeugnis durch einen Hinweis auf das festgesetzte abweichende Curriculum zu kennzeichnen."

 

Auf Grundlage der Bewerbungsunterlagen und dem beigefügten Bescheid wird auf LSR-Ebene versucht, eine Lösung für den/die LehrerIn zu finden (z.B. Kann der/die LehrerIn in einer Kleingruppe eingesetzt werden?). Jeder Fall wird vom LSR individuell bearbeitet. Die Personalmanagement-Ebene ist somit angehalten, dass Menschen mit Behinderungen eine Arbeitsstelle erhalten können (vorausgesetzt, dass es eine freie Stelle gibt). Grundsätzlich muss der/die LSRIn aber immer abklären und abwägen: Was ist möglich? Wo gibt es Einschränkungen?

Praxissituation von ausgebildeten Lehrenden, die auf Jobsuche sind: Es wurden bereits Gespräche mit DirektorInnen geführt und im Bewerbungsschreiben an den/die LSRIn auf diese Gespräche oder darauf verwiesen, dass bereits ein Unterrichtspraktikum an dieser Schule absolviert wurde.